Boox Note Air 3 C – Erster Eindruck

Einleitung

Nach 2,5 Jahren mit dem reMarkable 2 war es mal wieder an der Zeit sich auf dem Markt der eInk-Notizbücher umzusehen. Insbesondere der Hersteller Onyx Boox hat in der Zwischenzeit einige neue Geräte herausgebracht. Darunter kürzlich das Boox Note Air 3 C, welches aufgrund einiger Funktionen und Eigenschaften durchaus interessant ist.

Dieses Review bezieht sich auf das Boox Note Air 3 C mit der Softwareversion 3.5 von Ende Oktober.

Lieferumfang

Der Lieferumfang ist übersichtlich gehalten:

  • BOOX Note Air3 C
  • BOOX Pen Plus mit Schutzkappe
  • USB-C auf USB-A Kabel
  • Speicherkarten-Auswerf-Werkzeug
  • Schnellstartanleitung
  • Garantiekarte

Optionales Zubehör

Hülle

Die graue Hülle haftet magnetisch am Gerät, passt optimal und weckt das Gerät beim Aufklappen auf. Weiterhin bietet sie eine magnetische Lasche, welche den Stift beim Transportieren zusätzlich sichert. Die Hülle ermöglicht, das Gerät sowohl im Hoch als auch im Querformat in einem angenehmen Winkel aufzustellen. Beim Schreiben kann die Lasche magnetisch an der Rückseite der Hülle befestigt werden.

Stift mit Radierfunktion

Der Standardstift macht leider keinen besonders hochwertigen Eindruck und besitzt auch keine Radierfunktion am oberen Ende des Stiftes. Der Boox Pen Pro 2 schafft hier Abhilfe, er wirkt wertiger, liegt etwas besser in der Hand und bietet eine Radierfunktion.

Ersatzstiftspitzen

Im Lieferumfang ist lediglich eine bereits im Stift montierte Stiftspitze enthalten, ein Set mit 5 Spitzen und einem Werkzeug zum leichteren Herausziehen der Spitze bietet der Hersteller als Zubehör an.

Technische Daten

Größe 226 x 193 x 5,8 mm
Gewicht 430 g
Displaygröße 10,3 Zoll
Auflösung s/w: 2480 x 1860, Farbe: 1240 x 930
ppi s/w: 300, Farbe: 150
Akku 3700 mAh
CPU 2,4 GHz Octacore + BSR
RAM 4 GB
Speicher 64 GB
Bluetooth +
WiFi +
USB-C Anschluss + (mit OTG-Unterstützung)
Betriebssystem Android 12
Druckstufen 4096
Beleuchtung +
Fingerabdrucksensor +
microSD Card +
Lautsprecher +
Mikrofon +
Lagesensor +

Funktionen

Lesen

Neben der sehr guten Boox-eigenen App Neo Reader stehen einem aufgrund des Android-Systems auch Apps anderer Anbieter zur Verfügung, vor allem sind hier natürlich Amazons Kindle App und der Kobo Reader zu nennen. Weiterhin eignen sich natürlich auch andere Anzeige-Apps von Zeitungen, Zeitschriften und Später-Lesen-Diensten wie bspw. Pocket. Auch für Comic-begeisterte könnte dieses Gerät ideal sein.

Die hohe Auflösung von 300dpi (in s/w) und die eingebaute Beleuchtung erlauben ein angenehmes Lesen. Die Beleuchtung kann sehr fein in Intensität und Farbtemperatur eingestellt werden. Durch den zusätzlichen Grafikprozessor (BSR) wird das eInk-typische Ghosting stark reduziert und der Bildaufbau deutlich beschleunigt.

Schreiben

Für Notizen bietet Boox eine eigene App an. Es stehen 46 Vorlagen, also Hintergründe für die Notizbücher zu Verfügung. Darunter viele verschiedene Linierungen, Listen- und Planungsvorlagen, aber auch Notenlinien und Deckblätter. Es werden aber auch eigene Vorlagen im PNG- oder PDF-Format unterstützt. Die Vorlagen werden als Layer in die Datei eingefügt, so kann die Vorlage auch im Nachhinein noch geändert oder entfernt werden. Innerhalb eines Notebooks kann die Vorlage für jede Seite separat festgelegt werden.

Stifte

Es stehen 4 Stifte sowie ein Textmarker zur Verfügung, die flexibel in der Linienbreite angepasst werden können. Beim Bleistift kann man zusätzlich zwischen zwei unterschiedlichen Texturen wählen. Weiterhin stehen 16 vordefinierte Farben zur Auswahl. Die Druckempfindlichkeit und der Winkel des Stiftes werden abhängig vom gewählten Stift in der App interpretiert und dargestellt.

Stifte können mit den jeweiligen Einstellungen als Favorit gespeichert werden und stehen dann in der oberen Leiste zur Verfügung. Dort befindet sich auch der Radiergummi sowie die Rückgängig- und die Wiederherstellen-Funktion. Die Seiten-Navigation befindet sich ganz rechts.

Auf der linken Seite befinden sich Buttons für die Vorlagen, die Seiteneinstellungen (Layout und Layer), das Einfügen geometrischer Formen, das Lasso-Auswahl-Werkzeug, das Füllwerkzeug, die Konfiguration der Fingergesten, den Synchronisationsstatus, die Lupenfunktion, das Einfügen von Textrahmen, die Link-Funktion und die „AI“-Funktionen.

Geometrie und Füllwerkzeug

Man kann diverse geometrische Formen (Kreis, Dreieck, Rechteck, uvm.) einfügen, frei skalieren und drehen. Mithilfe des Füllwerkzeugs können die Formen auch mit Farben gefüllt werden.

Auswahl-Lasso

Das Lasso kann verwendet werden, um bestimmte Bereiche auszuwählen, diese können dann verschoben, skaliert, gedreht, kopiert und ausgeschnitten werden. Auch ein Umfärben der Inhalte ist so im Nachhinein noch möglich.

Links

Links können zu externen Dokumenten und Dateien (Audio, Bilder), zu Seiten innerhalb des Dokuments, zu anderen Notizbüchern, zu Webseiten und zu Audioaufzeichnungen führen.

Smart Scribe bzw. „AI“-Funktionen

Die Smart Scribe Funktionen können einzeln aktiviert werden. So können gezeichnete geometrische Formen (Rechteck, Kreis, Dreieck) automatisch begradigt werden. Die Lasso-Erkennung erlaubt es, auch im Schreibmodus Elemente durch Einkreisen auszuwählen. Die Durchstreich-Erkennung erlaubt es, Geschriebenes durch Durchstreichen bzw. Überkritzeln zu löschen. Durch die letztgenannte Funktion verliert auch die fehlende Radierfunktion des Stiftes an Bedeutung. Weiterhin versteckt sich hier auch die Umwandlung von Handschrift zu Text (OCR).

Texteingabe

Neben handschriftlichen Notizen gibt es auch die Möglichkeit, getippte Text in Notizen einzufügen, dies funktioniert entweder über die Bildschirm-Tastatur oder durch Nutzung einer beliebigen Bluetooth-Tastatur.

Audioaufzeichnungen

Durch das eingebaute Mikrofon können Texte und Kommentare auch eingesprochen und in die Notizen integriert werden. Durch die verbauten Lautsprecher oder gekoppelte Bluetooth-Kopfhörer können die Audioaufzeichnungen auch direkt abgespielt werden.

Im- & Export

Boox empfiehlt bei der Einrichtung die Erstellung eines Boox-Kontos, um alle Funktionen, darunter auch die automatische Synchronisation der Notizbücher, zu nutzen. Der Account ist kostenlos und bietet folgende Funktionen: 10 GB Speicher in der Boox-Cloud, Synchronisation zwischen mehreren Boox-Geräten und Zugriff auf die Notizen via Browser oder Smartphone App:

‎BOOX Assistant
‎BOOX Assistant

Bei der Einrichtung sollte die richtige Serverregion ausgewählt werden (Europa). Für die Registrierung wird entweder die Handynummer oder die E-Mail-Adresse benötigt. Die Option auf die E-Mail-Adresse zu wechseln versteckt sich hinter der automatisch aufklappenden virtuellen Tastatur.

Man kann aber auch auf den Boox-Account verzichten, denn für den Im- & Export stehen noch weitere Optionen zur Auswahl:

  • USB-Kabel & Android File Transfer App
  • USB-Stick, microSD-Karte
  • Boox Drop (erlaubt innerhalb desselben Netzwerks via Browser auf die Dateien zuzugreifen)
  • Teilen-Funktion von Android (hierdurch lassen sich diverse weitere Apps/Dienste wie E-Mail, Cloud-Speicher, usw. hinzufügen, sofern die passenden Apps installiert sind)

Für die Notizen und die Dokumenten-Bibliothek unterstützt Boox aber auch direkt einige verbreitete Cloud-Dienste:

Einstellungen & Betriebssystem

Die Oberfläche des Betriebssystems (Android 12) ist stark von Boox angepasst worden. So ist auf der linken Seite immer die Funktionsleiste eingeblendet, die es erlaubt, schnell auf die Dokumenten-Bibliothek, die Notizbücher, den Boox Store, die Apps und die Einstellungen zuzugreifen. Leider ist die deutsche Übersetzung mehr schlecht als recht gelungen. Einige Funktionen haben gar keine deutsche Übersetzung, werden dann aber zumindest auf Englisch angezeigt.

Recht schnell bemerkt man die hohe Komplexität des Systems, es gibt unheimlich viele Einstellungsmöglichkeiten, diese sind allerdings nicht intuitiv zu finden oder an einer zentralen Stelle gebündelt. Man sollte also eine gewisse Einarbeitungszeit und ggf. auch die ein oder andere Internetsuche einkalkulieren.

Der Google Play Store ist bereits vorinstalliert und man kann direkt mit dem Installieren von Apps beginnen. Früher musste man bei Boox-Geräten das Gerät erst für den Play Store registrieren. Dies erleichtert den Einstieg zumindest etwas.

Apps

Hier punktet Boox durch das Android-Betriebssystem, so sind die Erweiterungsmöglichkeiten durch Apps fast grenzenlos. Allerdings sind viele Apps nicht für eInk-Displays optimiert und funktionieren daher vielleicht nicht so gut, wie man es gewohnt ist. Gerade die Stifteingabe wird meistens nicht unterstützt. Empfehlenswert sind hier natürlich vor allem Lese-Apps (bspw. Kindle oder Kobo).

Grundsätzlich funktionieren die meisten Android-Apps gut, die hauptsächlich Inhalte anzeigen, wenige Animationen verwenden und keine schnellen Eingaben erfordern.

Für einige wenige Apps wie One Note oder Evernote hat Boox selbst eine Art Kompatibilitäts-Modus entwickelt, welcher die Stifteingaben zunächst auf einem unsichtbaren Layer sammelt und dann quasi das gerenderte Ergebnis an die App übergibt. Das funktioniert zwar ganz ok, durch die verzögerte Eingabezeit macht das in der Praxis aber wenig Spaß. Deswegen empfiehlt es sich, die von Boox bereitgestellte Notizen-App zu nutzen.

Erster Eindruck

Das Gerät besteht aus einem Unibody-Aluminumgehäuse und ist hochwertig verarbeitet. Durch die abgerundeten Kanten liegt es sehr angenehm in der Hand.

Die Stifte befinden sich aber leider nicht auf demselben hohen Niveau, erfüllen ihren Zweck aber durchaus gut. Alternative Stifte, welche die EMR-Technolgie von Wacom unterstützen, können natürlich verwendet werden. Siehe hierzu auch meine Posts zum Lamy Al-Star EMR und dem Staedtler Noris Digital. Durch die Lasche an der Hülle halten die meisten, dünneren Stifte, auch ausreichend gut.

Das mit Abstand interessantestes Feature ist natürlich das Farbdisplay, dies ist durchaus eine bemerkenswerte Technologie, man sollte aber immer bedenken, dass es sich weiterhin um ein eInk-Display handelt. Die Anzahl an Farben, die Brillianz und der Kontrast sind mit normalen OLED- oder LCD-Displays nicht zu vergleichen. Nachfolgend mal ein Vergleich mit dem iPad Pro und dem reMarkable 2.

Das Kaleido 3 Display bietet aber nicht nur Farbe, sondern auch eine höhere Auflösung von 300 ppi, die meisten älteren eInk-Displays hatten lediglich 226 ppi. Diese Auflösung bezieht sich allerdings auf die Darstellung von Inhalten in Schwarz und Weiß, farbige Inhalte erreichen lediglich 150 dpi. Durch die dauerhaft überlagerte Farbschicht sind farbige eInk-Displays dunkler, wodurch sich der Kontrast verringert. Zum Teil kann dies durch die Zuschaltung der Beleuchtung kompensiert werden, dies geht aber natürlich zulasten der Akkulaufzeit.

Neben dem modernen Display hat Boox aber auch einen eigenen Grafikbeschleuniger-Chip entwickelt und verbaut. Dieser nennt sich BSR (Boox Super Refresh) und dieser macht seinem Namen alle Ehre, er reduziert das bei eInk-Displays typische Ghosting sehr deutlich und sorgt auch für einen schnelleren Bildaufbau. Hierbei kann man abhängig von der Nutzung zwischen 4 Modi wählen:

  • HD (beste Qualität zum Lesen von Inhalten)
  • Balanced (minimal schlechtere Bildqualität, aber höhere Aktualisierungsrate)
  • Fast (höhere Aktualisierungsrate, bspw. für das Scrollen auf Webseiten)
  • Ultrafast (für Videos oder andere sich schnell ändernde Inhalte)

Die gewählte Einstellung wird pro App gespeichert.

Das Schreibgefühl ähnelt dem von Papier und es ist wesentlich angenehmer darauf zu schreiben als auf den rutschigen Glas-Displays von normalen Tablets. Die niedrige Latenz des Stiftes trägt ebenso wie die sehr geringe Distanz zwischen Stiftspitze und Display zum Papier-ähnlichen Schreibgefühl bei.

Praktische Features sind die Aufweckfunktion beim Aufklappen der Hülle und der Fingerabdruckscanner, der das entsperren doch erheblich beschleunigt und bequemer macht.

Leider gibt es aber auch bei diesem Gerät einige negative Seiten. So ist die Akkulaufzeit aufgrund der oft benötigten Beleuchtung und des zusätzlichen Beschleunigungsprozessors nicht wirklich gut. Der Ladeanschluss befindet sich an der linken Gehäuseseite, sodass die Hülle beim Laden immer aufgeklappt sein muss. Das Farbdisplay ist etwas dunkler und bietet dadurch weniger Kontrast als Geräte mit einfarbigem Display. Die Komplexität der Software erschwert den Einstieg, erlaubt es aber im Gegenzug, das Gerät sehr genau auf die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben einzurichten.

Datenschutz & Datensicherheit

Boox ist ein chinesischer Hersteller, dies löst wahrscheinlich zunächst bei vielen erst einmal Bedenken aus. Wer ganz sichergehen möchte, kann natürlich eine Firewall installieren oder das Gerät ausschließlich offline verwenden. Auch auf den Boox-Account und die Boox-Cloud kann man verzichten, wenn man hier Bedenken hat. Sollte man sich doch für einen Boox-Account entscheiden, sollte man sicherstellen, zumindest Europa als Region auszuwählen.

Durch die Möglichkeit diverse Cloud-Anbieter auf dem Gerät zu nutzen gibt es aber ausreichend Alternativen. Selbst wenn man das Gerät komplett offline nutzen möchte, hat man immer noch die Möglichkeit Daten via USB-Stick, microSD-Karte oder USB-Verbindung zu übertragen.

Wie man diese Thematik einschätzt, kann nur jeder für sich selbst beantworten und ist nicht zuletzt auch von den Daten abhängig, die auf dem Gerät erstellt, bearbeitet und gespeichert werden.

Preise & Links

Hülle

Stift mit Radierfunktion

Ersatzstiftspitzen

Alternativen

Boox Tab Ultra C Pro

Das aktuelle Top-Modell von Boox bietet noch etwas mehr Leistung und vor allem mehr Akkulaufzeit, aber aufgrund des glatteren Displays ist es weniger gut für Handgeschriebenes geeignet.

Boox Note Air 3

Das ebenfalls neu erschiene Boox Note Air 3 mit schwarz/weiß Bildschirm, einer geringeren Auflösung und ohne den BSR-Beschleuniger-Chip ist aktuell für rund 100 € weniger erhältlich. Wer mehr Wert auf eine lange Laufzeit legt und auf das Farbdisplay verzichten möchte, findet hier eine gute Alternative.

reMarkable 2

Das reMarkable ist zwar schon etwas älter und besitzt nur einen schwarz/weiß Bildschirm, wird aber durch regelmäßige Softwareupdates laufend um neue Funktionen erweitert.

Hier habe ich meine Eindrücke zum reMarkable 2 ausführlich beschrieben: reMarkable 2 – Erster Eindruck

 

Letzte Aktualisierung am 29.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API